Zukunft Zahntechnik 2025 – Wie gut sind Sie vorbereitet?

Zahntechnik
Naomi Sulzmann, Team Sirius Ceramics (Frankfurt a. M.)

Daten, Zahlen, Fakten und Prognosen (Zahntechnik)

Für die Ausgabe 01/2025 der Quintessenz Zahntechnik habe ich über die Veränderungen in der Zahntechnik geschrieben. Der Artikel basiert auf der europäischen Dentalmarktstudie ATLAS DENTAL. Lesen Sie einige Auszüge; der vollständige Artikel ist in der Quintessenz Zahntechnik 01/2025 zu lesen und kann hier als PDF  heruntergeladen werden.

Sagen wir’s einmal so, es sind nicht wirklich die News des Tages: Die Arbeitswelt verändert sich mit zunehmender Digitalisierung (s. Artikel „Wie gut sind Sie vorbereitet“ aus dem Jahr 2022). Doch was bedeutet das und wo stehen wir heute? Und wie kann sich das Dentallabor aufstellen, um für die Zukunft gewappnet zu sein? Zum jetzigen Zeitpunkt geht es nicht darum, die richtigen Antworten parat zu haben, sondern darum, die richtigen Fragen zu stellen.
 
Zahntechnik steckt mitten im Wandel. Digitalisierung, technologischer Fortschritt sowie veränderte Patienten- und Kundenzentrierung treiben die Branche voran. Nach der ersten europäischen Dentalmarktstudie im Jahr 2019, die vom GFDI/VDDI in Auftrag gegeben wurde, liegt nun eine von Rebmann Research überarbeitete Version vor: ATLAS DENTAL 2024/25; rund 250 Seiten gefüllt mit Fakten; eine Darstellung der Marktsituation. Wie heißt es so schön: Nichts tun ist keine Option. Auch die Zahntechnik steckt im Wandel. Marktstudien wie der ATLAS DENTAL helfen, Veränderungen zu verstehen und sich mit zukunftsweisenden Fakten auseinanderzusetzen.
Zahntechnik

Europäischer Vergleich: Anteil der Menschen, die mindestens einmal im Jahr in der Zahnarztpraxis waren. Deutschland hat mit 83 % die höchste Inanspruchnahme zahnärztlicher Leistungen. (Quelle: Eurostat, BFS, MyDentist, Grafik: REBMANN RESEARCH)

Grafik: ATLAS DENTAL

Der ATLAS DENTAL, eine Studie der GFDI mbH, legt in einer umfangreichen Daten- und Literatursammlung aktuelle Zahlen dar und stellt mögliche Prognosen vor. Die europäische Betrachtung bezieht in ihre Ausführungen Zahnarztpraxen, Dentallabore, Zahntechnik und Dentalindustrie/Händler ein.

Dentalland: Deutschland

Nachfrage und Angebot – Deutschland zählt in beiden Punkten zu den Spitzenreitern. Die Inanspruchnahme zahnärztlicher Leistungen ist die höchste in Europa (Abb. 1). Der Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP stieg in den vergangenen Jahren an; interessanterweise wächst der Gesundheitsmarkt stärker als die Gesamtwirtschaft (2021: + 2,6 %) [1]. Etwa 6,4 % (30,5 Mrd. €) der Gesundheitsausgaben fallen auf Zahnarztpraxen. Die Pro-Kopf-Ausgaben lagen bei 341 EUR; im europäischen Vergleich auf Platz 2 (nach der Schweiz).

Auch der deutsche dentale Anbietermarkt ist groß; die Versorgung ist überdurchschnittlich gut. Für 1.000 Einwohner stehen durchschnittlich 0,86 Zahnärzte bereit (Abb. 2). Dentalmetropolen sind Berlin und Hamburg. Und die Zahntechnik? Auch hier erreicht die Quote einen europäischen Spitzenwert. Auf einen Zahnarzt kommt fast ein Zahntechniker.

Die Ausgaben für Zahnersatz sind hoch [2] ebenso die Labordichte mit 18 Dentallaboren je 100.000 Einwohner. Mit einem der höchsten Medianalter in Europa (46 Jahre) zeichnet sich in Deutschland eine demografische Entwicklung ab, welche die Nachfrage nach zahnärztlichen Leistungen weiter steigen lassen wird. Gleichzeitig verschärft sich der Fachkräftemangel: Zahntechniker/innen und Zahnmedizinische Fachangestellte zählen laut Bundesagentur für Arbeit bereits seit Längerem zu den Engpassberufen.

Marktdynamik

Die Branche verändert sich rasant und verlangt von Dentallaboren, sich ständig an die neuen Marktbedingungen anzupassen. Beispiele für diese aktuelle Marktdynamik sind:

Demografischer Wandel und Digitalisierung

  • Veränderte Altersstruktur in Zahnarztpraxen
  • Jüngere Zahnärzte arbeiten verstärkt digital
  • Digitale Technologien eröffnen neue Möglichkeiten für effiziente Prozesse und moderne Services

 

Neue Trends und Herausforderungen

  • Wachsende Bedeutung von Nachhaltigkeit
  • Fachkräftemangel als anhaltende Problematik
  • „Informierter Patient“ verlangt eine klare und offene Kommunikation und guten Service

 

Versorgung einer alternden Gesellschaft

  • Steigende Anzahl pflegebedürftiger und multimorbider Patienten sowie zunehmender Bedarf an spezialisierten prothetischen Versorgungsformen
  • Notwendigkeit interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen Praxen, Laboren und anderen medizinischen Fachbereichen
  • Potenzial für mobile Dienste in Pflegeeinrichtungen

 

Zahnmedizinische Versorgungszentren (zMVZ) und Laborgruppen

  • Großpraxen betreiben oft eigene Labore als Profitcenter; verschärfter Wettbewerb für unabhängige Dentallabore
  • Die Ausweitung von Laborgruppen fordert unabhängige Labore heraus, bietet aber auch Chancen, sich durch individuelle Stärken zu positionieren.

Digitalisierung

Mit zunehmender Digitalisierung scheint der Mensch wieder stärker in den Mittelpunkt zu rücken und das ist gut so. Davon kann das Handwerk profitieren, wenn es diese Entwicklung aktiv mitgestaltet. Die digitale Transformation beeinflusst nicht nur die Herstellung von Zahnersatz, sondern verändert die gesamte (Zahn-)Medizin grundlegend. Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz (KI), Internet of Things (IoT) und intelligente Software treiben diesen Wandel voran. Dabei entstehen nicht nur effizientere Prozesse, sondern auch neue Geschäftsmodelle. So ermöglicht die digitale Infrastruktur einen reibungsloseren Datenaustausch und schafft die Grundlage für vernetzte Geräte und smarte Analyse-Algorithmen, die völlig neue Potenziale eröffnen. Mit der Einführung dieser Technologien kommen Berufsbilder auf, die in den Bereichen IoT und Industrie 4.0 neue Wege beschreiten.

Der digitale Patient

Die Digitalisierung stellt den Patienten mehr in den Mittelpunkt des zahnmedizinischen Prozesses. Doch es geht längst nicht mehr nur um den Behandlungsplan – der moderne Patient will mitgestalten, mitentscheiden und vor allem mitreden. Patienten möchten heute weit mehr als nur passive Empfänger sein. Sie wollen aktiv in Entscheidungen einbezogen werden, ob es um die Wahl der Praxis oder die Zustimmung zum Heil- und Kostenplan (HKP) geht. Immer häufiger holen sie sich Gegenangebote ein, oft online, um den besten Preis und die beste Leistung zu finden.

Chancen für Dentallabore

Gerade hier können Dentallabore ihre Stärke ausspielen. Wer Zahnarztpraxen auf der „Patient Journey“ begleitet, kann das Vertrauen und die Zustimmung der Patienten steigern. Digitale Technologien machen es möglich, Patienten in die Planungsphase prothetischer Versorgungen einzubinden. Das schafft Transparenz und sorgt für mehr Zufriedenheit. Labore, die diesen Weg mitgehen, unterstützen aktiv die Patientenbeteiligung am Behandlungsverlauf – und das bringt echten Mehrwert.

Dentallabore stehen vor der Herausforderung, einerseits die Effizienzvorteile der Digitalisierung zu nutzen und andererseits die Weitergabe traditioneller Fertigkeiten sicherzustellen. Dies gewährleistet, dass solides Fachwissen erhalten bleibt und gleichzeitig mit technologischen Entwicklungen Schritt gehalten wird. Letztendlich sichert dies die Zukunftsfähigkeit der Branche und die Qualität der Zahntechnik in Deutschland.

Digitaler Datenaustausch: Chancen und Hürden

Der Datenaustausch ist zum Herzstück moderner Geschäftsmodelle geworden. Informationen fließen zwischen Praxen, Laboren, Lieferanten und Krankenkassen – und das möglichst nahtlos. Cloudbasierte Plattformen sind dabei der Schlüssel: Sie machen es leicht, Daten zu teilen, optimieren den Workflow und minimieren Fehler. Für kleinere Labore ist es jedoch oft herausfordernd, unabhängige Plattformen zu etablieren, wie sie beispielsweise von Laborgruppen oder Fertigungsdienstleistern immer häufiger angeboten werden. Doch es tut sich etwas: Seit Mitte 2024 können sich gewerbliche Dentallabore an die Telematikinfrastruktur (TI) anbinden. Die TI ermöglicht eine einheitliche und sichere Datenübermittlung und bietet auch kleineren Laboren die Chance, ihre Prozesse im Datenaustausch zu modernisieren.

Kleine Labore am Limit?

Laborgruppen sind derzeit auffallend präsent. Das Wachstum des Dentalmarktes macht die Branche für Investoren attraktiv. Übernahmen und Fusionen schaffen Synergien, senken Kosten und erhöhen Marktanteile – und auch Dentallabore rücken ins Visier. Größere Strukturen bieten klare Vorteile: bessere Finanzierungsmöglichkeiten, größere Produktionskapazitäten und schnellere Amortisation. Dazu kommt die Zentralisierung von Aufgaben wie Verwaltung, Marketing und Personalmanagement. Das soll den Zahntechniker entlasten und ihm den Rücken für Kernaufgaben freihalten.

Doch was bedeutet das für die kleinen, unabhängigen Labore? Für sie heißt es, sich auf ihre Stärken zu besinnen. Trotz Digitalisierung bleiben die persönliche Nähe zu den Praxen und der individuelle Support entscheidende Vorteile. Zwar mögen Laborketten von Einkaufsvorteilen und zentralisierter Verwaltung profitieren, doch die „Unabhängigen“ haben etwas, das in großen Strukturen oft fehlt: Flexibilität, Kreativität und eine gute Portion Persönlichkeit. Sie können den technologischen Wandel auf ihre eigene, agile Art gestalten, indem sie enge Partnerschaften pflegen und individuell auf die Anforderungen ihrer Kunden reagieren. Genau diese Anpassungsfähigkeit ermöglicht Lösungen, die in den starren Abläufen größerer Labore oft nicht umsetzbar sind.