Dentale Keramiken: „Der Druck von Keramiken ist sicherlich ein durchaus denkbares Szenario“ sagt Bogna Stawarczyk von der LMU München. Die großartigen Bilder für diesen Beitrag sind von ZTM Christian von Bukowski.
Dentale Keramiken: Bei der Vielzahl von Keramiken für die CAD/CAM-Fertigung erschließen sich die Unterschiede zwischen einzelnen Werkstoffklassen nicht auf den ersten Blick. Es bedarf des werkstoffkundlichen Wissens, um die Keramiken entsprechend einzuordnen, sie indikationsgerecht einzusetzen und korrekt zu verarbeiten. Im Interview spreche ich mit Prof. Dr. Bogna Stawarczyk (Werkstoffkundeforschung an der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik, LMU München), die sich mit ihrem Team den dentalen CAD/CAM-Werkstoffen verschrieben hat. Unter anderem für die wegweisenden Arbeiten im Bereich Zirkonoxid und Silikatkeramiken ist das Münchner Team national und international bekannt. Fokus des Interviews liegt auf der Lithiumdisilikat-Keramik. Unterstützt wurde das Interview vom Unternehmen GC. Erstveröffentlicht ist es beim Quintessenz Verlag (Berlin).
Dentale Keramiken: Bogna, kannst Du bitte einordnen, zu welcher Werkstoffklasse Lithiumdisilikat-Keramik zählt?
Generell lassen sich dentale Keramiken in zwei Arten unterscheiden – Oxidkeramik (z. B. Zirkonoxid) und Silikatkeramik. Mit Lithiumdisilikat-Keramik befinden wir uns bei einer Silikatkeramik, die zusätzlich mit Lithiumdisilikat-Kristallen verstärkt ist. Durch die Verstärkungskristalle ergeben sich im Vergleich zur unverstärkten Silikatkeramik (Feldspat- bzw. Leuzitkeramik) höhere mechanische Eigenschaften (z. B. Biegefestigkeit oder Bruchzähigkeit). Die Obergruppe von Lithiumdisilikat-Keramik ist also Lithiumsilikat.
CAD/CAM-geschliffene Veneers aus der Lithium-Disilikatkeramik Initial LiSi Block
Es gibt also verschiedene Lithiumsilikat-Keramiken unter den dentalen Keramiken und zudem verschiedenste Produkte diverser Hersteller. Wie lassen sich die Keramiken aus Sicht der Werkstoffkunde unterscheiden?
Aus Sicht der Werkstoffkunde sind die Zusammensetzung der Keramiken sowie der Herstellungsprozess interessant und letztlich entscheidend für die Eigenschaften des Werkstoffs. Die Glasphase aller vier Lithiumsilikat-Keramiken ist Siliziumoxid; die kristalline Phase ist Lithiumoxid.
Das klingt sehr technisch. Was sind denn die konkreten Unterschiede bei der Verarbeitung in Praxis und Labor?
Auch hier heißt es, der industrielle Herstellungsprozess und die Zusammensetzung der Keramiken bestimmen die Anwendungseigenschaften. Da die Keramiken unterschiedlich verstärkt sind, gibt es durchaus Abweichungen in bestimmten Eigenschaften. So sind beispielsweise alle drei Lithiumsilikat-Keramiken für das CAD/CAM-Schleifen geeignet, allerdings gibt es im Moment für die Presstechnik nur Lithiumdisilikat-Keramik. Des Weiteren sind einige Keramiken vorkristallisiert und andere durchkristallisiert, was sich auf den Verarbeitungsprozess auswirkt.
An der LMU forscht Ihr viel zu CAD/CAM-Materialien und haben zudem ein offenes Ohr für die ganz praktischen Fragen aus Praxis und Labor. Gibt es Fragen, die immer wieder an Euch herangetragen werden?
CAD/CAM-Materialien spielen bei uns in der Forschung eine tragende Rolle, denn sie sind die Zukunft. Die Materialqualität ist durch die industrielle Herstellung hoch und standardisiert. Fragen aus der Praxis und dem Labor betreffen in der Regel die Verarbeitung. Wie lassen sich die Materialien schleifen und polieren? Wie viel Nacharbeit ist notwendig? Sind die Materialien kombinierbar (z. B. mit Malfarben)? etc. Sehr oft stehen auch Fragen rund um die intraorale Befestigung im Fokus. […]