Dentale Lithiumsilikat-Keramiken

Lithiumsilikat-Keramiken

Dentale Lithiumsilikat-Keramiken

Lithiumsilikat-Keramiken als verstärkte Silikatkeramik stehen im Fokus unseres aktuellen Artikels in der Zeitschrift dental dialogue (02/2022). Als Autorenteam (Annett Kieschnick, Michael Reise und Bogna Stawarczyk) beleuchten wir diese Dentale Werkstoffklasse etwas genauer. Lest hier einen Auszug und/oder ladet Euch am Ende dieser Seite den kompletten Artikel als PDF herunter.

Dentale Keramiken für prothetische Restaurationen unterscheiden sich in Oxid-und Silikatkeramiken. Zu den Oxidkeramiken gehört unter anderem Zirkonoxid. Silikatkeramiken werden in weitere verschiedene Gruppen eingeteilt. Silikatkeramiken lassen sich verstärken (verstärkte Silikatkeramiken); entweder durch Leuzitkristalle (Leuzitkeramiken) oder durch Lithiumsilikat-Kristalle (Lithiumsilikat-Keramiken). Der vorliegende Artikel befasst sich mit den Lithiumsilikat-Keramiken für die Fertigung vollkeramischer Restaurationen.

Einteilung der verschiedenen Keramiken nach ihren Anwendungsbereichen

Lithiumsilikat-Keramiken und wie alles begann

Die ersten Lithiumsilikat-Keramiken wurden bereits in den 1950er Jahren entwickelt. Ende der 1980er Jahre gelang es, eine Lithiumsilikat-Keramik zu entwickeln, die chemisch beständig ist, gute optische sowie mechanische Eigenschaften besitzt und sich als prothetischer Werkstoff qualifiziert. Lange Zeit wurde Lithiumdisilikat-Keramik mit dem Unternehmen Ivoclar Vivadent beziehungsweise mit dem Produkt Empress 2 beziehungsweise IPS e.max in Zusammenhang gebracht. Der Grund ist einfach: Das Unternehmen brachte die erste Lithiumdisilikat-Presskeramik auf den Markt. Und da die pressbare Lithiumdisilikat-Keramik patentiert wurde, war sie für 20 Jahre dem Liechtensteiner Unternehmen vorbehalten. Die heute als IPS e.max Press bekannte Presskeramik kam im Jahr 1998 unter dem Namen Empress 2 auf den Markt.

Hierbei handelt es sich um eine neuartige Keramik,die im bewährten Pressverfahren verarbeitet werden kann. Mit Empress 2 gelang es, die mechanischen Eigenschaften (Festigkeit und Bruchzähigkeit) der Keramik durch eine optimierte Verstärkung zu verbessern und neue Indikationen zu erschließen. Seit 2005 gibt es schleifbare CAD/CAM-Blöcke aus Lithiumdisilikat (IPS e.max CAD) und spätestens jetzt begann der „Triumphzug“ der Lithiumsilikat-Keramiken. Etwa im Jahr 2011 liefen erste Patente aus; weitere Hersteller kamen mit Lithiumdisilikat-Presskeramiken auf den Markt.

Ausgangsprodukt einer Silikatkeramik ist ein Glas, in welchem durch eine gesteuerte Keimbildung und Kristallisation-Kristalle – wie Lithiumsilikat oder Lithiumdisilikat – wachsen. Diese Lithiumsilikat-Kristalle verbessern die mechanischen Eigenschaften. Ergebnis sind Lithiumsilikat-Keramiken.

Lithiumsilikat-Keramiken als CAD/CAM-Block
Bild: Beispielprodukte

Lithiumsilikat-Keramiken für die Presstechnik

Die meisten derzeit angebotenen Lithiumsilikat-Presskeramiken sind Lithiumdisilikat-Keramiken. Beispiele für aktuell verfügbare Lithiumdisilikat-Presskeramiken sind IPS e.max Press (Ivoclar Vivadent), Amber Press (Hass Corporations), CeraMotion Press (Dentaurum), Initial LiSi Press (GC Europe), Livento Press (Cendres+Métaux), Vita Ambria (Vita Zahnfabrik). Die Keramiken unterscheiden sich in den optischen und mechanischen Eigenschaften sowie in den Verarbeitungsparametern (Einbettmasse und Pressparameter für den jeweiligen Pressofen). Und mit Celtra Press (Dentsply Sirona) ist auch Presskeramik auf Basis der zirkonoxidverstärkten Lithiumsilikat-Keramiken erhältlich.

Lithiumsilikat-Keramiken
Übersicht zu gängigen Lithiumsilikat-Keramiken (ohne Anspruch auf Vollständigkeit)

Lithiumsilikat-Keramiken für die CAD/CAM-Verarbeitung

Angeboten werden CAD/CAM-Blöcke aus Lithiumsilikat-Keramik von verschiedenen Herstellern (Abb. 3). Je nach Modifikation unterscheiden sich die Verarbeitungswege. Beispiele für schleifbare Lithiumdisilikate sind der Pionier IPS e.max CAD (Ivoclar Vivadent), seit einigen Jahren Amber Mill (Hass Corporations) sowie der Newcomer Initial LiSi-Block (GC). Zudem sind seit 2013 CAD/CAM-Blöcke aus Lithiummeta- silikat (Vita Suprinity PC, Vita Zahnfabrik und Celtra Duo, Dentsply Sirona) erhältlich. Auf der IDS 2015 wurden CAD/CAM- Blöcke aus Lithiumaluminosilikat (N!ce, Straumann) vorgestellt und seit 2021 ist eine Keramik mit Lithiumdisilikat- und Lithiumaluminosilikat-Kristallen (Tessera, Denstply Sirona) auf dem Markt.

Die Unterschiede zwischen den Lithiumsilikat-Keramiken

Die verschiedenen Lithiumsilikat-Keramiken unterscheiden sich in Verarbeitung und Eigenschaften. Die konkreten Unterschiede sind im PDF des Voll-Version des Artikels zusammengefasst.

Ausblick

Zukünftig zu erwarten sind in dem Bereich der dentalen Keramiken Möglichkeiten mittels 3D-Druck. Hieran wird in großen Schritten gearbeitet. Die Firma Lithos stellte auf der IDS 2021 den 3D-Druck von Lithiumdisilikat-Keramik vor. Momentaner Minuspunkt sind die unverhältnismäßig langen Entbinderungszeiten, die über mehrere Tage – je nach Größe der Restauration – dauern können. Auch an der LMU München wird im Rahmen eines ZIM-Kooperationsprojektes mit den Kooperationspartnern BAM, Vita Zahnfabrik, Renfert und r2 dei ex machina in diese Richtung geforscht und gearbeitet.

Lithiumsilikat-Keramiken
Timeline – Entwicklungsgeschichte der Lithiumsilikat-Keramiken in Zahnmedizin/Zahntechnik (zur Voll-Darstellung der Timline)

Werkstoffkunde als Innovationstreiber

Diese kurze Darstellung der Geschichte von Lithiumsilikat-Keramiken unterstreicht die Lebendigkeit der dentalen Werkstoffkunde, die maßgeblich zum Etablieren der CAD/CAM-gestützten Fertigung in der Zahnmedizin beigetragen hat. Anwenderinnen und Anwender sollten Einblick in die Werkstoffkunde haben und unter anderem die unterschiedlichen Keramiken einordnen, diese richtig bearbeiten und mögliche Indikationsbereiche definieren können. Für einen einfachen Zugang kann das digitale Werkstoffkunde-Kompendium (www.werkstoffkunde-kompendium.de) genutzt werden. Das fundierte Grundlagenwissen rund um moderne dentale Materialien ist ansprechend aufbereitet und wird ergänzt durch grafische Animationen, wertvolle Tipps sowie Produkthinweise.