Zahntechniker: Der Grieche aus dem Schwarzwald

Zahntechniker: Der Grieche aus dem Schwarzwald

Haristos Girinis ist Zahntechniker aus Überzeugung. Wir kennen uns seit vielen Jahren. Aus einer anfänglich beruflichen Beziehung hat sich Freundschaft entwickelt, die ich nicht mehr missen möchte. Ich mag Haristos als Menschen, der authentisch, konsequent sowie ehrlich ist und ich bewundere seine zahntechnische Arbeit. Emotionen, Leidenschaft und
 der klare Blick für Details formen seinen Alltag. Seine Vita belegt sein Streben nach Unabhängigkeit und stetiger Weiterentwicklung. Geboren als Sohn einer griechischen Familie lebt er seit Jahrzehnten im Schwarzwald seine Vision der Zahntechnik. Im Auftrag des teamwork media-Verlages habe ich mit ihm ein Interview geführt und spannende, auch sehr persönliche Details aus seinem Leben erfahren. Erschienen ist das Interview in der Ausgabe 6/21 der dental dialogue. Lesen Sie hier einen Auszug.

Haristos, Du bist Zahntechniker. Arbeitest du eigentlich gerne?

Nein! (lacht) Sind wir mal ehrlich, wir Menschen sind doch von Natur aus gemütlich und suchen uns einen bequemen Weg; das meine ich keineswegs negativ. Kein Mensch macht sich gern unnötig mehr Arbeit und über mich behaupte ich, der größte Faulpelz überhaupt zu sein. […]. Doch sind es die „faulen Momente“, die uns körperlich und geistig leistungsfähig machen sollten und ich glaube, als Zahntechniker müssen wir alle sehr viel Leistungsfähigkeit an den Tag legen.

Wie wird man als Zahntechniker erfolgreich?

Was ist Erfolg und wer definiert, was erfolgreich ist? Jeder, der sich ein Ziel setzt und es erreicht, ist auf seine Art und Weise wohl erfolgreich. […] Erfolg ist eine Frage des eigenen Anspruchs. Grundsätzlich sollte man für sein Ziel brennen, denn nur so wird man die Energie haben, es mit Leidenschaft anzustreben. Man kann einen Vergleich zum Kochen ziehen: Entweder ich koche leidenschaftlich gern und mit Liebe (geht ja bekanntlich durch den Magen); das Essen wird dann individuell, einzigartig, exzellent. Oder ich koche einfach und esse, und werde satt. Der Zweck ist mit Beidem erfüllt, doch die Brise macht den Unterschied.

Inwieweit würdest du dich als Grenzgänger bezeichnen?

Einerseits sind Grenzen wichtig für die Selbstmotivation; eine aktive Auseinandersetzung mit Grenzen berührt den Kern unserer Leistungsfähigkeit. Oft sind es bewusste Grenzüberschreitungen, die uns voranbringen können; manchmal bringen sie uns zum Weinen. Andererseits müssen wir bestimmte Grenzen respektieren. […] Grundsätzlich lebe ich nach dem Motto, dass wir an unsere Grenzen gehen und diese ausdehnen müssen, um der eigenen Entwicklung Raum zu geben. Grenzgänger beziehungsweise bin ich auf jeden Fall zwischen den Kulturen Griechenlands und Deutschlands. Das ist ein innerer Konflikt zwischen zwei Extremen.

Zahntechniker aus Überzeugung

Haristos Girinis

Wenn man mit dir spricht, scheinst du immer in dir zu ruhen. Welche Situationen bringen dich in Rage?

Ungerechtigkeit, Lügen, Ungleichheit, Egoismus. Ich empfinde es als ungerecht, wenn wohlwollend gehandelt, dies aber in keiner Weise anerkannt wird. Das hat meiner Ansicht nach viel mit der emotionalen Intelligenz des Gegenübers zu tun. Auch fehlendes Vertrauen innerhalb einer Partnerschaft – beruflich und privat – enttäuschen mich.

Was bedeutet für dich Qualität?

Machen wir es uns bequem und reden es uns schön: Qualität hat viele Gesichter und ist eine subjektive Wahrnehmung. Doch wenn wir ehrlich sind und unsere Eitelkeiten ablegen, ist Qualität eindeutig definierbar und kompromisslos. Qualität in der Funktion, Qualität in der Ästhetik, Qualität in der Kommunikation – in den meisten Bereichen unseres Lebens können wir Qualität anhand eines Maßstabes definieren.

Woher nimmst du die Energie, dich auch unbequemen Themen der Zahntechnik-Branche zu stellen?

Wir alle haben Energie, unsere Lebensenergie. Es geht darum, diese Energie sinnvoll einzusetzen. Nehmen wir das Wort „Selbstbewusstsein“: Bewusst meiner selbst weiß ich, wer und was ich bin – oder sollte es zumindest wissen. Selbstbewusst ist derjenige, der um seine Stärken und Schwächen weiß. Dies zu wissen, ist unsere Aufgabe im Leben. Es geht nicht um Anerkennung, Geld, Macht, Status …, das alles ist zweitrangig. Wir sollten demütig bereit sein, auch unsere Schwächen anzuerkennen und unsere Stärken zu fördern. Aus diesem Bewusstsein können wir endlos Energie schöpfen.

Auf viele Dinge gibt es aktuell mehr Fragen als Antworten. Wie gehst du mit dem Gefühl um?

Mit einer positiven Einstellung und viel Humor. Ich versuche, mich nicht zu sehr von außen beeinflussen zu lassen. Ich würde dies aber nicht als aktuelles Phänomen bezeichnen, denn das ganze Leben besteht aus dem Suchen nach Antworten. Es gibt immer mehr Fragen als Antworten, denn aus jeder Antwort ergibt sich eine neue Frage, das „Warum?“.