Multimaterial-3D-Druck

Der Multimaterial-3D-Druck in der dentalen Anwendung

Über den 3D-Druck im zahntechnischen Labor oder in der Praxis wird momentan viel geschrieben. Eine Revolution der additiven Fertigung könnte der Multimaterial-3D-Druck sein. In einer aktuellen Publikation (Schweiger, J., Kieschnick, A., Güth, JF.) zeigen wir die Möglichkeiten und Potentiale auf. (erschienen Dental Digital, Verlag Neuer Merkur, Juni 2017).

Das Herstellen von Bauteilen aus verschiedenen Materialien ist aufwendig und kostenintensiv. Oftmals werden nach wie vor analoge Technologien und manuelle Arbeitsschritte eingesetzt. Der Multimaterial-3D-Druck (3D-MMP) bietet die Chance, solche Bauteile in einfacher und schneller Weise auf rein digitalem Wege herzustellen. Ergebnis sind erstaunliche Produkte, die das zukünftige Potenzial der Technologie erahnen lassen.

Was ist der 3D-MMP-Druck?

Beim 3D-MMP werden unterschiedliche Materialien vereint und über das additive Vorgehen entsprechende Bauteile hergestellt. Konnten bislang mit dem 3D-Drucks jedwede Formen hergestellt werden, kann nun eine weitere Grenze überwunden werden: Mit dem Multimaterial-3D-Druck können zudem alle denkbaren Farben in einem breiten Farbspektrum (360.000 verschiedene Farbtöne) detailgetreu nachgebildet werden. Dies kann im Dentalbereich eine enorme Bereicherung darstellen, denn die mannigfaltigen lichtoptischen Eigenschaften natürlicher Zähne können exakt reproduziert werden.

Multimaterial-3D-Druck
In einem Druckvorgang kann eine breite Palette verschiedener Materialien mit einem Farbspektrum aus 360.000 verschiedenen Tönen vereint werden. (Bild: Mike Petrucci, unsplash)

Beispiel: Herausnehmbare Prothese

Der Dentalhersteller Valplast (Valplast International Corp., Westbury, NY, deutscher Vertrieb Johannes Weithas GmbH & Co. KG) hat zusammen mit dem 3D-Drucker Startup Arfona (Brooklyn, NY) einen Drucker vorgestellt, mit dem partielle Prothesen aus biokompatiblem, thermoplastischem Nylon im 3D-MMP gebaut werden. Teilprothesen mit Klammern können volldigital hergestellt werden. Denkbar wäre auch ein gleichzeitiger Druck der Prothesenbasis mit Zähnen aus PMMA. Erste Patientenarbeiten mit dem Valplast 3D-Druck wurden im Jahr 2016 an der Universität Köln gefertigt. An der Universität Dresden läuft eine materialkundliche Untersuchung des gedruckten Valplast-Materials.

Bildquelle: J. Weithas GmbH & Co. KG

Gedruckte Valplast-Prothese im Frontzahnbereich
(Patientenarbeit, Universität Köln, Dr. Roggendorf, 2016)

Beispiel: Histoanatomischer 3D-Druck von Zähnen

Den interessantesten Ansatz zeigt die Firma Stratasys (Eden Prairie, MN) mit der Polyjet-Technologie. Seit dem Jahr 2014 bietet Stratasys die Möglichkeit des Multimaterial-3D-Drucks an. In einem Druckvorgang kann eine breite Palette verschiedener Materialien – von steif bis flexibel, von transparent bis undurchsichtig – mit einem Farbspektrum aus 360.000 verschiedenen Tönen vereint werden.

Bildquelle: Stratasys, Eden Prairie, MN)

Menschlicher Schädel mit realistisch dargestellten Strukturen als Lehr- und Unterrichtsmaterial. Der Multimaterial-3D-Druck ermöglicht erstaunliche Lösungen. In der Software können bis zu 360.000 Farben zugeordnet und realistische Prototypen-Modelle additiv gefertigt werden.

Eine Anwendungsmöglichkeit im Dentalbereich könnte der Bau von mehrschichtigem Zahnersatz aus verschiedenen Materialien sein. Hier befindet sich derzeit die identische Reproduktion von natürlichen Zähnen in der Prototypen-Phase. Basis der Technologie bildet die Zahnstrukturdatenbank nach Schweiger. Mit dieser kann der mehrschichtige Aufbau natürlicher Zähne kopiert und die generierten Daten für den additiven Herstellungsprozess genutzt werden. Die aktuellen Forschungen an der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik der LMU München nutzen für die Umsetzung des Konzeptes die Daten aus der Zahnstrukturdatenbank und das Polyjet-Verfahren (Stratasys). Der derzeitige Entwicklungsstand ermöglicht die Anfertigung von „Ästhetik-Try-In“-Kronen/Brücken aus lichthärtenden Kunststoffmaterialien.

Bildquelle J. Schweiger: Basis des Multimaterial-3D-Druckes von Zähnen bildet die Zahnstrukturdatenbank nach Schweiger, welche die verschiedenen Schichten von Zähnen (z B. äußere Schmelzoberfläche, Dentin-Schmelz-Grenze, Pulpa) abbildet. Die Anwendung ermöglicht die identische Kopie der natürlichen lichtoptischen Eigenschaften von natürlichen Zähnen.

Ausblick

Durch eine veränderte Zusammensetzung beim Multimaterial-3D-Druck-Prozess können zukünftig die lichtoptischen Eigenschaften präzise eingestellt werden. So werden bereits bei In-vitro-Untersuchungen verschiedene Mischungen für den Schmelzmasseanteil getestet, um möglichst nahe an die Lichttransmission von natürlichem Zahnschmelz heranzukommen. Ebenso kann das Dentin durch Mischungen im RGB-Farbraum eingestellt werden. Die Umsetzung der bisherigen Erkenntnisse aus den Zahnstrukturdatenbanken für den Multimaterial-3D-Druck von definitivem Zahnersatz stellt eine Herausforderung dar. Weder die Druck-Technologien noch die Materialien erscheinen derzeit dafür geeignet zu sein. Eine intensive Forschung sollte es jedoch langfristig möglich machen, Technologien zu entwickeln, welche die Herstellung von „geschichtetem“ definitivem Zahnersatz, beispielsweise aus Keramik, mittels 3D-Druck erlauben.

Autoren: Josef Schweiger, Annett Kieschnick

(vollständiger Artikel erschienen in Dental Digital, Verlag Neuer Merkur, Juni 2017)