Frontzahn im Zwielicht oder „Aller guten Dinge sind drei“

Kurzbericht über einen Live-Patienten-Kurs von Creation W. Geller mit ZTM Fechmi Housein. Der Kurs nahm einen etwas ungewöhnlichen Verlauf. Die Zahntechniker verfehlten mit ihrem Ergebnis zwar zunächst das Ziel, haben aber letztlich viel gewonnen.

Na, auch schon mal „gestrauchelt“? Da ist diese eine Frontzahnkrone, die in ihren lichtoptischen Eigenschaften selbst nach mehrmaligen Versuchen einfach nicht dem Nachbarzahn entspricht. Seien wir ehrlich; manchmal ist es wie verhext. Genau dieser Situation obliegt aber eine Erfolgsgrundlage der Zahntechnik. „Scheitern“ ist kein Worst Case, sondern Basis für die persönliche Weiterentwicklung.Wer in solchen Ausnahmesituationen Fehler akzeptiert und analysiert, gewinnt an Erfahrung und lernt sein Handeln noch besser kennen. Dies hat ZTM Fechmi Housein (Viersen) bei einem Live-Patienten-Workshop meisterhaft bewiesen.

Zahntechnik ist Handwerk und Handwerk ist individuell

Kaum eine Fortbildung ist für Keramiker erkenntnisreicher als ein Live-Patienten-Kurs. Unter diesem Credo bietet Creation W. Geller seit Jahren Workshops an, bei denen eine reale Frontzahnrekonstruktion im Fokus steht. So auch Mitte Februar in Berlin. ZTM Fechmi Housein als Referent widmete sich zusammen mit acht erfahrenen Zahntechnikern zweier Frontzähne, die eine echte Herausforderung bedeuteten.

In den Räumen der „Kreativen Zahnschmiede“, dem Dentallabor von ZTM Matthias Birkner, stellten sich die Teilnehmer einer diffizilen Aufgabe. Das Kurslabor spiegelt wider, was Zahntechnik ausmacht: individuell, authentisch, charismatisch. Der großzügige Berliner Altbau bot ein schönes Umfeld für den Workshop.

Die Quintessenz der beiden Kurstage:

  • Ehrfurcht und Demut vor der Natur
  • Frontzähne lassen sich nicht in ein konfektioniertes Konzept pressen
  • Kein Frontzahn ohne Patientenkontakt
  • Farbkommunikation mittels Dentalfotografie ist nicht ausreichend
  • (Zahn)-Farbe basiert auf Licht
  • Zirkonoxid ≠ Zirkonoxid
    Aber von vorn …

Die Patientin trug eine Metallkeramik-Krone auf Zahn 22. Der dunkle Rand im zervikalen Bereich und die fehlende Lebendigkeit der Krone beeinträchtigten die Ästhetik. Im Rahmen der prothetischen Versorgung des endodontisch vorbehandelten, avitalen Zahns 21 sollte auch die Krone 22 erneuert werden. Zahn 21 wurde beschliffen und der Pfeilerzahn 22 leicht nachpräpariert.

 

Analyse der Situation

Die natürlichen Zähne haben eine helle Farbe, die augenscheinlich im Basiston zwischen einer A1 und D2 liegt. Vor dem Workshop wurde die Ausgangssituation mittels intraoraler Fotos an den Referenten kommuniziert. Zusätzlich zu den Fotos führte ZTM Housein mit der Patientin ein Video-Vorgespräch. Hierbei erhielt er einen ersten persönlichen Eindruck von ihr und ihren Vorstellungen sowie ein Gefühl der dentalen Situation beim Reden und Lachen. Zahn 11 wirkt mit seiner Form und der Schmetterlingsstellung dominant. Zahn 12 versteckt sich mit der mesialen Kante leicht verschachtelt dahinter. Die etwas eigenwillige Zahnform und -stellung passen zum Lächeln der Patienten und stehen in Harmonie mit ihrem sympathischen Gesicht. Basierend auf der ersten Analyse modellierte der Referent ein Wax-up, welches während des Workshops in ein Mock-up überführt werden sollte.

Nach der Natur zu schichten bedeutet nicht, das Vorgegebene zu kopieren, sondern die eigenen Sinneseindrücke zu realisieren.

Man muss die Natur kapieren, nicht kopieren.

ZTM Fechmi Housein betonte in seinen theoretischen Ausführungen, welche Relevanz der Zahntechniker innerhalb der funktionell-ästhetischen Zahnmedizin hat. Er sensibilisierte für Selbstbewusstsein. „Wir Zahntechniker legen mit unserer Arbeit einen Maßstab fest, den Industrie und Zahnmedizin erst einmal erreichen müssen.“

Wahrnehmen und observieren der Natur sowie Erfahrung bilden eine Grundlage für jeden Keramiker. „Der Zahntechniker muss seine Massen beherrschen wie ein Fußballspieler seinen Ball. Der Weg dahin besteht – je nach eigenem Anspruch – aus beständigem Training, das immer wieder neue Herausforderungen bringt.“ Wie ein Profi-Fußballer mit seinem Ball spielt Fechmi Housein mit keramischen Massen. Er handelt oft intuitiv, denn „Für die Imitation von Natürlichkeit gibt es kein konfektioniertes Konzept“. Er empfiehlt, sich einen eigenen Geschmack anzueignen und mit Kreativität sowie einer guten Portion Bauchgefühl zahntechnische Handarbeit zu leben. Von stupiden Schichtkonzepten rät er ab, sondern plädiert dafür, über den Einsatz jeder einzelnen Keramikmasse nachzudenken. „Besinnt euch auf das Wesentliche: Wie ist ein natürlicher Zahn wirklich aufgebaut?“ Eine große Schwierigkeit bei Verblendkeramiken sei die Balance aus Chroma und Helligkeitswert. Vorteil aller Creation-Keramiken ist für ZTM Housein die erhöhte Opazität, die individuell reduziert und gesteuert werden kann.

Fechmi Housein: „Für die Imitation von Natürlichkeit gibt es kein konfektioniertes Konzept“. Er empfiehlt, sich einen eigenen Geschmack anzueignen und mit Kreativität sowie einer guten Portion Bauchgefühl zahntechnische Handarbeit zu leben.

Krone im Zwielicht

Bereits am ersten Tag wurde deutlich, dass dieser Fall eine besondere Herausforderung darstellt. Die Stolpersteine:

  • schwierige Zahnfarbe, die – fast schon chamäleonartig – stark von den Lichtverhältnissen beeinflusst wird;
  • verfärbte und sehr schmale Stümpfe;
  • subgingivale, tief im Sulkus liegende Präparationsgrenze;
  • charismatische Zahnform und wenig Platz im labialen Bereich Zahn 22.
 

Am Ende des Kurses war klar, dass keine der gefertigten Kronen wirklich dem perfekten Ergebnis entspricht, was der Anspruch bei einem solchen Kurs ist. Selbstkritisch analysierte Fechmi Housein: „Ich habe im Vorfeld das Foto überbewertet und die Lebendigkeit des Zahnes unterschätzt. Aufgrund der Kurssituation haben wir die transluzenten Kappen akzeptiert und versucht, die Natur mit Opakdentin zu überlisten. Das funktioniert nicht. Im Arbeitsalltag hätte ich nach Beurteilen der Situation auf eine weiße Zirkonoxid-Kappe zurückgegriffen.“

In einer Wiederholung dieses Seminars werden die Teilnehmer zusammen mit Fechmi Housein die Restaurationen erneut anfertigen. Fortsetzung folgt!

Was bleibt, ist eine simple Erkenntnis: Fehler vermeidet man, indem man Erfahrung sammelt. Erfahrung sammelt man, indem man Fehler macht.

Ausgangssituation auf dem Foto. Einmal mehr wurde deutlich: Kommunikation von Zahnfarbe über Fotos stößt an Grenzen, denn Farbe ist Licht und entsteht aus unzähligen feinen Elementen. Im Frontzahngebiet ist es unerlässlich, dass der Zahntechniker am Patienten eine Analyse vornimmt.

Übertragen der individuellen Farbanalyse auf eine Farbskizze, die alle Informationen und die zu verwendenden Keramikmassen enthält. Mit Spannung verfolgten die Teilnehmer, wie der Referent die mannigfaltigen Areale und feinsten Charakteristika der natürlichen Zähne aufnimmt und auf das Foto bzw. die Farbskizze überträgt.

Schichten des Dentin-Build-up: Die Charakteristika des natürlichen Zahnes werden von der Skizze in die Schichtung übertragen. Das Dentin-Build-up gilt als „Testfahrt“, um zu beurteilen, ob die keramische Umsetzung auf Basis der Farbanalyse zum Ziel führt.

Fechmi Housein zeigte, wie er mit wohlüberlegtem Vorgehen eine lebendige Makro- und Mikrotextur ausarbeitet. Beginnend im palatinalen Bereich tastet er sich Schritt für Schritt an das Ziel heran.

Die Kombination aus natürlicher Textur und markanter Form sowie dem „Einhauchen“ von Lebendigkeit mittels Malfarben ließ Kronen entstehen, die zwar nicht den hohen Erwartungen entsprachen, doch vorübergehend eingesetzt werden konnten. Fortsetzung folgt!