Schnittstellenkongress vereint die „lehrreichen Sieben“

Teleskop-Technik 2.0 – erschienen in der DZW Zahntechnik, Edition 6

In der Ausgabe 6 des Journals DZW Zahntechnik (Teleskop-Technik 2.0) erläutern Andreas Leimbach und ich eine Vorgehensweise, wie sie Andreas in seinem Labor etabliert hat. Er ist Experte in der Teleskoptechnik und sensibilisiert immer wieder für die fachgerechte Umsetzung einer solchen Restauration. Ein vereinfachter, digitaler Weg zur Teleskop-Prothese wird im Artikel vorgestellt. Die Effizienz des Vorgehens beruht auf der an einem Stück gefrästen Cover-Denture-Struktur aus dem mehrschichtigen PMMA-Blank The „Show“ (anaxdent).

Teleskop-Technik 2.0 – Auszug aus dem Artikel: (…) Ist das Digitalisieren der Teleskoptechnik wirklich möglich? Schließlich streben wir keine standardisierten, sondern individualisierte Lösungen an. Unser Handwerk war schon immer geprägt von Herausforderungen. Speziell die Königsklasse „Teleskoptechnik“ erfordert handwerkliches Geschick, Geduld, Liebe zum Detail und Empathie für den Patienten. Um wirklich reproduzierbar gute Ergebnisse zu erzielen, bei denen hochästhetische Ergebnisse nicht nur Produkte des Zufalls sind, benötigen wir einen gut abgestimmten Prozess.

Einen solchen Workflow im Dentallabor zu etablieren, bedeutet zunächst ein hartes Stück Arbeit und ist kein „Zuckerschlecken“. Es bedarf Ausdauer, Beharrlichkeit und der Fähigkeit, Prozesse zu optimieren und den Gegebenheiten anzupassen. Nachdem wir in unserem Labor lange Zeit handwerklichen Fähigkeiten den Vorzug gaben und die CAD/CAM-Technik uns eher marginal berührte, hat sich dies in den vergangenen Jahren massiv verändert. Wir suchten effizientere Wege. Das Ergebnis jedoch sollte mindestens gleich gut sein, wie es unsere Hände erschaffen können. 3D-Druck, CAD/CAM-Fräsen, digitale Planung – plötzlich öffneten sich neue Welten. Doch über allen steht auch heute die Frage: Kann Digitalisierung individuell sein? (…)

Helge Vollbrecht, Organisator des Dental Gipfels

Der 7. Dental-Gipfel in Warnemünde

Vom 12. bis 14. Januar 2018 fand in Warnemünde der 7. Dental-Gipfel statt. Der Organisator Dental Balance (Potsdam) holte ein Team von Referenten auf die Bühne, das zahnmedizinische, zahntechnische und betriebswirtschaftliche Themen auf einen Nenner brachte. Unter dem Credo „Konzepte und Qualität“ vereinten sich sieben Fokusthemen zu den „lehrreichen Sieben“.

Ein kraftvoller Startschuss in das dentale Fortbildungsjahr 2018! Kaum ein anderer Kongress vereint die Schnittstellen der modernen Zahnmedizin so wie der Dental-Gipfel. Mit mehr als 350 registrierten Teilnehmern verzeichnete der 7. Dental-Gipfel einen Rekord. Helge Vollbrecht begrüßte mit den Worten: „Es freut uns, dass wir zusätzlich zu zahlreichen bekannten Gesichtern viele neue Teilnehmer willkommen heißen dürfen.“

Protagonisten des Fachprogrammes waren sieben Hauptthemen: Implantologie, Implantatprothetik, Funktion, Zahntechnik, Zahnmedizin, Werkstoffkunde und Unternehmensführung. Als Moderatoren führten Prof. Klaus-Peter Lange (Berlin) und Ztm. Carsten Müller (Leipzig) durch den Kongress.

Ganzheitliche Funktion

Die Podo-Ätiologin Lydia Aich (Neuhaus) beschäftigte sich mit der Orthostatik und erläuterte das Parallelum zwischen Kiefer- und Hüftgelenk, „… hier erschließen sich reziproke Zusammenhänge“. Sie rät, bei der Anamnese immer nach orthopädischen Vorbehandlungen zu befragen. Der Sportbiologe und Osteopath Dr. Stephan Gutschow (Potsdam) ging zusammen mit dem Zahnarzt Dr. Matthias Müller (Eberswalde) auf körperliche Beschwerden des Stütz- sowie Bewegungsapparates und zugehörige Okklusionsmuster ein. Anhand von Fallbespielen verdeutlichten sie, dass das Kiefergelenk einen großen Einfluss auf die Gelenk- und Muskelstrukturen hat.

Die Kieferorthopädin Dr. Dr. Alexandra Bodmann MSc (Schongau) untermauerte mit dem Bindestrich im Wort Kiefer-Orthopädie, dass die Körperhaltung eng verknüpft ist mit den Kiefergelenken. Sie stellte heraus, dass Spee- und Wilson-Kurven eine große Bedeutung im natürlichen Gebiss haben, allerdings in der Kieferorthopädie nicht ausreichend Beachtung fänden. Prof. Dr. Peter Pospiech (Berlin) ging auf das Einstellen der Lage des Unterkiefers zum Oberkiefer ein. Bei der Kieferrelationsbestimmung favorisiert er das Stützstiftregistrat. Durch das „Dreibein“ aus Kondylen und Stützstift komme es zu einer Selbstzentrierung der Gelenke. Grundsätzlich sei das Registrieren Aufgabe des Zahnarztes, ebenso wie das Montieren des Unterkiefermodells in den Artikulator. Die zahntechnischen Aspekte bei der Funktionsdiagnostik arbeitete ZTM Volker Hamm (Meschede) heraus. Er erläuterte das elektronische Stützstiftsystem IPR (Dental Balance) und die Praktikabilität dieser Vermessungsmethode.

Auch wenn Zahnärzte im Mund arbeiten, müssen sie sich bewusst sein, dass nicht alle Probleme im Mund vom Mund her therapiert werden können.

Dr. Stephan Gutschow (Potsdam) über körperliche Beschwerden des Stütz- sowie Bewegungsapparates und zugehörige Okklusionsmuster

Implantologie und Implantatprothetik

Dr. Babak Saidi (Neuss) erörterte den Hintergrund einer Therapie mit autologen Wachstumsfaktoren (PRGF). Die Technik basiert auf der Gewinnung eines Proteinpräparats aus Eigenblut und der Aktivierung autologer Thrombozyten. Das Gewebe werde stimuliert und die Regeneration beschleunigt. Thematisch fast nahtlos schloss sich der Vortrag von Dr. Peter Randelzhofer (München) an, der sich dem Thema „Nachhaltigkeit“ in der Implantologie widmete. Er schilderte eine Methode (PerioSafe), mit der „hidden infections“ zeitig diagnostiziert werden kann. Die frühe Signalwirkung des aktiven Enzyms Matrix-Metalloproteinase-8 (aMMP-8) lässt Probleme erkennen, bevor sichtbare Schäden auftreten.

Drs. Johan Feith (Bad Tölz) stellte das Vollkeramikimplantat ZV3 dar, das sich seit 2004 in Anwendung befindet. Die raue Oberfläche (Verfahrenspatent) resultiere in einer hohen Rautiefe als Basis für die schnelle und sichere Osseointegration. Auf Schraubverbindungen wird verzichtet. Der Implantataufbau besteht aus einem Glasfasergeflecht und wird im Implantat verklebt. Ein keramisches Implantat wurde auch von Dr. Josef Vizkelety (Schweiz) präsentiert. Besonderheit ist u. a. das Abutmentmaterial – das Hochleistungspolymer PEKK. Vorteil gegenüber PEEK: Höhere Kriechfestigkeit und Formtreue unter Lasteinleitung.

ZTM Sebastian Schuldes MSc (Eisenach) legte der den semi- und volldigitalen Workflow zur implantatgestützten Sofortversorgung dar. Klar illustriert wurde, dass ein enges Miteinander die Basis für komplexe Implantatversorgungen ist. Geplant werden die Implantate vom Implantologen in Zusammenarbeit mit dem erfahrenen Zahntechniker in einer Software. Darauf basierend können Bohrschablone sowie provisorische Restauration gefertigt und intraoperativ der temporäre Zahnersatz eingesetzt werden. Hinsichtlich des Gerüstmaterials stellte er die Vorteile von PEEK mit seiner knochenähnlichen Elastizität dar.

Es geht nicht darum, Schrauben zu setzen, sondern um eine nachhaltig stabile Mundgesundheit.

Dr. Peter Randelzhofer fokussierte nachhaltige implantologische Konzepte

Analoge und digitale Zahntechnik

ZTM Christian Petri (Rumänien) präsentierte die Synergie zwischen analoger und digitaler Technik. Manuelle Zahntechnik bedeutet für ihn Kunsthandwerk und Einzigartigkeit. Die CAD/CAM-Technik sorgt für Präzision und Produktivität. Wohlüberlegt verknüpft er beides miteinander. Und noch ein Newcomer zeigte, auf welch hohem Niveau die Zahntechnik ist. ZTM Simon Schömer (Bayreuth) kombiniert digitale Technologien intelligent mit analoger Kompetenz. Es stellte das eLab-Protokoll vor, mit dem sich die subjektive Farbbestimmung zu einer objektiven Farbkommunikation wandle. Im Workshop zeigte er die Kunst des japanischen Zähneschnitzens. Hands-on erfuhren die Teilnehmer, wie effektiv Wahrnehmung, Formgefühl und Konzentrationsfähigkeit geschult werden.

Ein Dental-Gipfel ohne ZTM Hans-Joachim Lotz (Weikersheim) ist kaum vorstellbar; er gehört zu den Pionieren des Kongresses. Für die exakte Kommunikation der Zahnfarbe erachtet er das eLAB-Verfahren als derzeit einzig gangbaren Weg. Mit intraoralen Fotos wird die Zahnfarbe auf Basis physikalischer Werte bestimmt. Die reflektierende kreuzpolarisierte Fotografie mindert unerwünschte Spiegelungen, wodurch die feinen Details der dentalen Strukturen verschleiern würden. Eine objektive Analyse wird möglich. „Wir können die physikalische Größe ‚Farbe’ auf Promille genau messen.“ Ergebnis sei ein konkretes Rezept für die Herstellung der Restauration, deren Genauigkeit mittels digitaler Einprobe gemessen werden. Den digitalen Technologien in der Prothetik widmeten sich Dr. Ramona Schweyen und PD Dr. Jeremias Hey (Halle). Sie stellten ihre Erfahrung mit dem Trios 3-Mundscanner vor, wobei sie betonten, dass sich die digitale Datenerfassung zunehmend etabliere.

Zahnfarbe als physikalische Größe
ZTM Simon Schömer bei seinem Vortrag

Werkstoffkunde und Zahnmedizin

Das sensible Material „Zirkonoxid“ wurde gleich von zwei Referenten diskutiert. Prof. Florian Beuer (Berlin) gab eine logische Einordnung verschiedener Keramiken sowie Zirkonoxid-Materialien und beleuchtete Stärken sowie Schwächen. Bezüglich monolithischer Versorgungen stellte er ein polychromatisches Material (Katana ML) vor, welches in verschiedenen Transluzenzen erhältlich ist. Aufgrund des hohen ästhetischen Potenzials könne deutlich minimalinvasiver gearbeitet werden.

Anschließenden ging PD Dr. Bogna Stawarczyk (München) auf werkstoffkundliche Details ein. Chemisch kann Zirkonoxid in unterschiedlichen Phasen vorliegen und damit die mechanischen Eigenschaften ändern. Mit unterschiedlichen Eigenschaften werden unterschiedliche Indikationen abgedeckt. Sie stellte vier Zirkonoxid-Generationen für monolithische Restaurationen vor. Diese differenzieren sich hauptsächlich durch den Anteil und Korngrösse an Aluminiumoxid und Yttriumoxid. Das Zirkonoxid der ersten Generation hat eine hohe Festigkeit und eine geringe Transluzenz. Durch das Reduzieren des Aluminiumoxidgehalts wird die molekulare Struktur modifiziert, was zu einer etwas höheren Transluzenz führt. Die dritte Generation enthält 5 mol-% Yttrium (5Y-TZP). Das Material ist kubisch/tetragonal und resultiert in einer höheren Transluzenz. Die Biegefestigkeit ist mit zirka 500-600 MPa geringer. Seit Mitte 2017 gibt es die vierte Zirkonoxid-Generation, welche hinsichtlich Transluzenz und Biegefestigkeit zwischen der zweiten und dritten Generation eingeordnet wird. mehr

PD Dr. Bogna Stawarczyk sprach über die verschiedenen Zirkonoxid-Generationen für monolithische Restaurationen

Unternehmensführung

Auch unternehmerische sowie angrenzende Themen wurden vermittelt. RA Dr. Ralf Großbölting (Berlin) referierte über Praxisabgabestrategien. Er stellte ein Stufenmodell vor, bei dem der jüngere Kollege als Nachfolger über einen längeren Zeitraum in die Praxis eingebunden werden kann. Heiko Schneider (Hoyerswerda) begeisterte mit einem Vortrag zur Veränderungsfreundlichkeit und zeitgemäßen Personalführung. Zum Nachdenken regte Koch und Küchenprofi Carsten Loll (Rostock) mit einem Vortrag über den bewussten Umgang mit Lebensmitteln an. Sein Workshop – Kochkurs in der Showküche des Hotels – war amüsant und zugleich sehr lehrreich.

Heiko Schneider über Veränderungsfreundlichkeit und zeitgemäßen Personalführung.

Fazit

Die sieben Schwerpunktthemen und die ausgesprochene Familienfreundlichkeit machten den Dental-Gipfel zu einer gelungenen Schnittstellenveranstaltung. Wer an den Mythos des „verflixtes siebte Jahr“ glaubt, wurde eines Besseren belehrt. Der 7. Dental-Gipfel präsentierte sich als perfekt organisierter Kongress. Die besonnene Souveränität und die angenehme Gelassenheit der Veranstalter sorgten dafür, dass der Fokus auf den „lehrreichen Sieben“ und dem kollegialen Austausch lag. Bekanntlich kommt die Sieben nach der Sechs und vor allem vor der Acht – der nächste 8. Dental-Gipfel findet vom 11. bis 13. Januar 2019 statt.

Annett Kieschnick, Fachjournalistin