3D-Druck von Schienen – Im Gespräch mit ZT Christian Schuchmann
Über den 3D-Druck von Schienen habe ich im Auftrag von Henry Schein Deutschland mit ZT Christian Schuchmann (Darmstadt) gesprochen. Erschienen ist das Interview in der Quintessenz Zahntechnik. Lest hier einen Auszug und/oder ladet Euch das PDF herunter.
Das Herstellen von Schienen gehört im Dental-Labor Teuber GmbH (Darmstadt) zum Tagesgeschäft. Und während in vielen Bereichen seit Jahren digital gearbeitet wird, galt der digitale Weg zur Schiene lange Zeit als neuralgischer Punkt. Heute jedoch werden Schienen nahezu ausschließlich gedruckt (dentaler 3D-Druck). Mit welchen Widrigkeiten der Umstieg gepflastert war und was letztlich zum echten Game-Changer wurde, beschreibt Christian Schuchmann (Dental-Labor Teuber).
Welche Relevanz spielen 3D-Druck und digitale Technologien in Ihrem Laboralltag?
Christian Schuchmann: Die digitalen Technologien sind bei uns seit Jahren fester Bestandteil des Arbeitsalltags. Ob zahntechnische Analyse, Planung von Zahnersatz, Konstruktion und Fertigung – in jedem Bereich setzen wir digitale Werkzeuge ein. Wir haben einen Maschinenpark aus CAD/CAM-Fräsmaschinen sowie eine Druckerfarm mit mehreren 3D-Drucksystemen. Je nach Anwendung greifen wir auf die passende Technologie zurück. Insbesondere im Zusammenhang mit den Daten aus dem Intraoralscanner eröffnet sich ein großes Potenzial. Es kann in enger Interaktion mit der Zahnarztpraxis teilweise auf komplett digitalem Weg ein Zahnersatz oder ein Therapiemittel (z. B. Schiene) hergestellt werden. Allerdings ist es wenig sinnvoll, Verfahrensweisen nur der Digitalisierung wegen umzustellen. Es bedarf einer soliden fachlichen Betrachtung der Prozesse und der Ergebnisse.
3D-Druck ≠ 3D-Druck. Aufgrund der Komplexität und Vielfalt an Verfahren sowie Werkstoffen ist eine fundierte zahntechnische Beurteilung der additiven Fertigung wichtig.
Anlegen des Baujobs für den Druck von Schienen
Sie haben nach langer Zeit auch die Schienenherstellung umgestellt und nutzen den 3D-Druck. Warum?
Christian Schuchmann: Die Schienenherstellung nimmt in unserem Labor einen hohen Anteil am Gesamtauftragsvolumen ein. Pro Jahr werden zirka 800 bis 1000 Schienen gefertigt. Doch obwohl sehr viele Bereiche bei uns seit Jahren digitalisiert sind, erfolgte das Herstellen der Schienen bei uns lange Zeit manuell. Der klassische Weg basierend auf der Tiefziehtechnik hat sich bewährt. Allerdings weiß jede Zahntechnikerin und jeder Zahntechniker, wie zeitaufwendig und fehlersensibel das manuelle Vorgehen ist. Digitale Technologien können hier eine echte Entlastung sein. Der Fachkräftemangel ist auch in unserem Labor ein großes Thema und hier suchen wir immer nach Wegen, Arbeitsabläufe so zu gestalten, dass manuell aufwändige Vorgehensweisen reduziert werden; natürlich ohne dass die Ergebnisqualität leidet. Daher wollten wir bereits vor Jahren die Schienenherstellung digitalisieren.
Leicht gesagt, schwer getan …. auf welche Schwierigkeiten sind Sie bei der digitale Schienenherstellung gestoßen?
Heute drucken wir Schienen ausschließlich und sind froh, unseren Weg gefunden zu haben. Doch dieser war mit einigen Stolpersteinen gepflastert. Aber vor vorn …. Da der 3D-Druck schon lange in unserem Labor etabliert ist, erschien uns der Umstieg auf das Drucken von Schienen technologisch problemlos. Doch wir wurden eines Besseren belehrt.
Haben Sie verschiedene Systeme und Materialien getestet, um die Schienenherstellung dem 3D-Drucker zu überlassen?
Die Überzeugung vom Potenzial der additiven Fertigung führte uns immer wieder zu dem Versuch, Schienen im 3D-Druck-Verfahren herzustellen. Getestet worden sind verschiedene Drucker und 3D-Druckmaterialien. Wir haben in unserem Labor mehrere 3D-Drucksysteme.
Was wurde zum Game-Changer für den 3D-Druck von Schienen?
In erster Linie spielen die 3D-Druckmaterialien eine Rolle. Rein technisch ist es mit fast jedem Drucker möglich, eine Schiene herzustellen. Doch wir benötigen das entsprechende 3D-Druckharz, welches für Schienen verschiedenste Anforderungen erfüllen muss. Bei der polymerisationsbasierten Stereolithographie (SLA, DLP) wird mit flüssigem Photopolymer (3D-Druckharz) gearbeitet, welches unter einer Lichtquelle zum Festkörper aushärtet. Hierfür bedarf es je nach Anwendung entsprechender Werkstoffe. Insbesondere bei gedruckten Objekten, die in den Patientenmund kommen (z. B. Abformlöffel, Kronen, Schienen), muss die Materialwahl sehr sorgfältig erfolgen. Für Schienen muss das Druckerharz explizit als Medizinprodukt zugelassen sein. Zudem sollte es eine gewisse Flexibilität und hohe Bruchfestigkeit bieten. Wir haben dann das 3D-Druckerharz KeySplint Soft (Keystone) kennengelernt und es für den Druck von Schienen getestet.
3D-Druck: Wie wichtig ist das korrekte Post-Processing?
Beim Lesen der aktuellen Fachliteratur zum dentalen 3D-Druck fällt auf, dass dem Post-Processing ein hoher Stellenwert beigemessen wird. Zahntechnikerinnen und Zahntechniker sollten sich mit wissenschaftlichen Grundlagen und der Werkstoffkunde befassen, spätestens mit der MDR gehört dies zur Arbeitsgrundlage. Idealerweise integriert das 3D-Drucksystem alle Bausteine für das Post-Processing. So können wir im Laboralltag wirklich sichergehen, dass die Materialien die vom Hersteller angegebenen Spezifikationen erfüllen.